care | INCI-Wiki (30): Ceramid-3/-NP

Die primäre Funktion unserer Haut besteht einerseits darin, den Körper vor Wasserverlust zu schützen, andererseits verhindert sie das Eindringen potentiell toxischer Stoffe: Allergene, Mikroorganismen oder andere Reizstoffe. Die Hauptbarriere der Haut befindet in der obersten Hautschicht, dem Stratum corneum. Hier finden sich meherer Lagen an Korneocyten bzw. Keratinocyten (entstehen aus Korneocyten beim Verhornungsprozess der Haut), die in eine Lipidmatrix ähnlich einem Mörtel eingebettet sind. Diese Lipidmatrix stellt die Hauptroute für die Diffusion verschiedener Substanzen in den Körper dar. Wie der Name nahelegt, besteht die Lipidmatrix hauptsächlich aus Fetten (Lipiden) – einer gleichmäßigen Mischung von Cholesterin, Fettsäuren und Ceramiden. Zusatzlich finden sich auch noch geringe Anteile von Cholesterinsulfat und Cholesterinestern in der Lipidmatrix.

Es ist allgemein akzepiert, dass der Erhalt der Hautbarrierefunktion maßgeblich vom Anteil an Ceramiden in der Lipidmatrix abhängt [1, 2, 3, 4]. In diesem Zusammenhang ist bekannt, dass niedrigere Ceramid-Konzentrationen oder veränderte Ceramid-Verteilungen häufig bei verschiedenen Hauterkrankungen wie atopischer Dermatitis, Neurodermitis oder Psoriasis zu finden sind [5].

Die Gruppe der Ceramide ist sehr divers und ohne euch mit den chemischen Grundlagen für diese Tatsache langweilen zu wollen, sei soviel gesagt: Ceramide setzen sich strukturell gesehen aus Sphingosin und Fettsäuren mit verschiedener Kettenlänge zusammen, weshalb Ceramide in die Stoffgruppe der Sphingolipide gehören. Auch wenn man so theoretisch unendlich viele Ceramide zusammenbauen könnte, wurden in der Lipidmatrix des Stratum corneum bisher nur neun Ceramid Subklassen entdeckt. Im heutigen INCI-Wiki schauen wir uns die Eigenschaften des am häufigsten auftretenden Ceramids an: Ceramid-3.

Kategorie

Komponente der Hautbarriere, hautpflegend und hautschützend

Chemische Bezeichnung

Octadecanamide, N-(1,3,4-trihydroxy-2-octadecyl)

INCI und alternative Namen

Ceramide-3 (INCI), Ceramid-3, Ceramid NP

Wirkungsweise

  • Aufrechterhaltung der Hautbarriere [3 , 6]
  • schützt die Haut vor Feuchtigkeitsverlust
  • lässt die Haut prall und geschmeidig wirken
  • in Keratinozyten (Hautzellen des Stratum corneums) spielen Ceramide eine Rolle in verschiedenen Signalwegen und regulieren dort unter anderem die Zelldifferenzierung, den Zellzyklus, sowie die Apoptose (geregeltes Zellsterben) [7]
  • stärkt die Schuppenschicht der Haare und kann brüchige Stellen teilweise reparieren. Ceramidarmes Haar ist stumpf, glanzlos und brüchig.

Einsatzkonzentration

0.05 – 1%

Formulierung

Die chemische Synthese von Ceramid-3 ist relativ kompliziert, weshalb es meist biotechnologisch aus Reis- oder Sojaöl mit Hilfe von Hefe hergestellt wird. Dieses Verfahren ist jedoch nicht weniger aufwändig, was sich letztendlich auf den Rohstoffpreis niederschlägt (1 kg Ceramid-3 kostet ca. 9000€). Aber kein Grund zur Sorge, wie bereits in der Einsatzkonzentration angedeutet, besonders hoch sollte man Ceramid-3 ohnehin nicht formulieren, da es in Konzentrationen über 0.5% schnell rekristallisiert.

Ceramid-3 ist als weißes kristallines Pulver erhältlich, das sich am besten in einem Neutralöl bei ca. 90°C lösen lässt (Caprylic/Capric Triglyceride oder Isoamyl Laurate). Nach dem Auflösen sollte das Gemisch kaltgerührt werden, bevor eine zusätzliche Wirkstoffphase oder Konservierung zugegeben wird.

Funfact

Ceramide sind bereits 1874 von dem Wissenschaftler und Arzt Johann Ludwig Thudichum entdeckt worden. Weil er diese Soffgruppe damals jedoch als überaus rätselhaft empfand, taufte er sie “Sphingolipide” in Anlehnung an die geheimnisvolle Sphinx der griechischen Mythologie.

Dreamteam

Besonders in Kombination mit linolsäurereichen Pfanzenölen vertragen sich Ceramide im Allgemeinen sehr gut. Einerseits ist dies ein Milieu in dem Ceramide in Lösung bleiben, andererseits enthalten einige Pflanzenöle Linolsäure. Vor allem in Distel-, Schwarzkümmel-, Nachtkerzen-, Borretschsamen-, Soja- und Traubernkernöl finden sich relative hohe Mengen an Linolsäure, eine essentielle Fettsäure, die der Körper selbst nicht herstellen kann. Drei der neun klassifizierten Ceramide enthalten Linolsäure als gemeinsamen Baustein, wer seiner Haut also Linolsäure zufügt, kann die körpereigene Ceramidsynthese anregen.

Good to know

Pflegeprodukte mit Ceramid sind ein wirksames Mittel bei der Behandlung von Ekzemen und sind in der Lage die Hautbarriere nachhaltig wiederherzustellen. Allerdings sind Ceramide nicht ganz unerschwinglich, was auf den aufwändigen Herstellungsprozess zurückzuführen ist. Wer aufs Geld achtet, sollte sich aber nicht verrückt machen: es gibt diverse Inhaltsstoffe, die die hauteigene Ceramid-Produktion anregen. Auch das Zurückgreifen auf Moisturizer, die den Wasserverlust über die Haut verhindern, kann eine Alternative zu Ceramiden sein.

Literaturangaben

[1] Janůšová et al., Effect of ceramide acyl chain length on skin permeability and thermotropic phase behavior of model stratum corneum lipid membranes. Biochim Biophys Acta. 2011 Mar;1811(3):129-37.

[2] Wartewig et Neubert, Properties of ceramides and their impact on the stratum corneum structure: a review. Part 1: ceramides. Skin Pharmacol Physiol. 2007;20(5):220-9. 

[3] Holleran et al., Sphingolipids are required for mammalian epidermal barrier function. Inhibition of sphingolipid synthesis delays barrier recovery after acute perturbation. J Clin Invest. 1991 Oct;88(4):1338-45.

[4] Coderch et al., Ceramides and skin function. Am J Clin Dermatol. 2003;4(2):107-29.

[5] Borodzicz et al., The role of epidermal sphingolipids in dermatologic diseases. Lipids Health Dis. 2016 Jan 19;15:13.

[6] van Smeden et al., The important role of stratum corneum lipids for the cutaneous barrier function. Biochim Biophys Acta. 2014 Mar;1841(3):295-313.

[7] Uchida, Ceramide signaling in mammalian epidermis. Biochim Biophys Acta. 2014 Mar;1841(3):453-62.

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